Von leckeren Wespenlarven zum Apéro, Kayakkonflikten und der schlimmsten Schlaglochpiste Südostasiens.
Der Strassenrand der gewundenen Wege über die nordlaotischen Hügel ist gesäumt von Bambushütten, gedeckt mit einfachen Dächern aus Palmblättern. Idyllisch sieht das aus – vorallem wenn dann noch die Kinder mit ihrem breiten Lachen davor herumhüpfen und uns fröhlich zuwinken. Überhaupt gibt es hier anscheinend nur fröhliche Kinder. Und anscheinend auch keine Prostituierten. Aber mal der Reihe nach…
Huay Xai
Über die neue Freundschaftsbrücke nähe Chong Khang verlassen wir Thailand und gelangen in das „vergessene“ der südostasiatischen Länder – Laos. Das Grenzprozedere nimmt ca. 3h in Anspruch und nicht alle Gebühren sind für uns ganz nachvollziehbar. Die Abzocker sind die Thais. Auf unsere Frage, warum denn die 200 Baht (ca. 6 CHF) für die Ausreise noch bezahlt werden müssen, wird uns unmissverständlich und mit einem steinernen Lächeln im Beamtengesicht gedroht, dass diese Gebühren auch auf 8000 Baht (ca. 250 CHF) erhöht werden können. Da geben wir lieber mal klein bei…. Zur Aufheiterung haben wir heute unsere ganz private Unterhaltungsmaschine Peter aus Australien dabei im RoKi, der sich einen Spass daraus macht, selbst im Niemandsland mit Ukulele, Schnörregiige und Stoffnastüechlimaus die Leute um sich herum zum Lachen zu bringen. Peter haben wir im Hub Pub aufgegabelt – einen solch liebenswürdigen Traveller nehmen wir doch gerne ein Stückchen mit.
Die ersten Kilometer fallen uns bereits einige Veränderungen auf. Zuerst gibts einen Seitenwechsel – wir sind jetzt glücklicherweise wieder im Rechtsverkehr. Dann sind da die vielen vielen gelbgrünen Beerlao-Schilder, die alle gefühlten 5m für eine Beiz werben. (Beerlao=DAS Bier in Laos) Sowieso scheint es sich hier oft ums Bier zu drehen. Ganze Harassenmauern neben den Restaurants, grosse Werbetafeln und hie und da ein torkelnder Konsument am Strassenrand. Warum? Das werden wir dann in Luang Namtha noch erfahren. Ausserdem fallen auf: die extrem vielen, neuen Toyota Pickups. Das erstaunt uns doch sehr – wir dachten Laos sei viel ärmer dran. Dazu hat Adi dann aber noch ein paar Worte in einem seperaten Bericht verfasst.
Das die Laoten gegenüber ihren Nachbarn aber doch noch etwas bescheidener leben, sieht man an ihren Hütten. Es gibt hier ausserhalb der Städte nur noch selten ein Haus aus Stein und die kleinen, aus wenigen Holzstämmen und Bambusgeflecht gezimmerten Heimetli betten sich in die Reisfelder, ganz wie auf dem Postkartensujet. Peter sucht sich eine Unterkunft und wir kommen wieder mal mit ein paar RoKi-Symphatisanten ins plaudern, bevor wir ausserhalb der Stadt einen Schlafplatz im Grünen finden.
Luang Namtha
Dort soll Dschungeltrekking ganz toll sein – das wollen wir ausprobieren. Dahin führt die nagelneue Strasse, die die Chinesen gebaut haben – geradezu luxuriös.
Die Kleinstadt Luang Namtha wird von Backpackern gerne bereist, das merkt man meist an den vielen Unterkünften und den Menükarten, die westliches Essen anbieten (in einer normalen laotischen Beiz gibts nämlich gar keine Karten – man sieht ja was in der Küche rumsteht und den Rest kann man sich denken).
Wir buchen bei Forest Retreat Laos eine 2tägige Dschungeltour und freuen uns, als eine französisch-mexikanische Familie und ein deutsch-französisches Paar sich dazugesellen. Zu neunt mit dem redseligen Guide Chiang wagen wir uns ins dichte, geheimnisvolle Grün aus Bambus, Palmen und Lianen. Am ersten Tag wandern wir zu einem abgelegenen Dorf, wo seit Jahrhunderten noch ein Stamm der Akha Zuhause ist. Der 5stündige Weg führt über Bäche, an riesigen, Lianenumschlungenen Bäumen vorbei. Wenn ein Bewohner krank wird, transportieren ihn seine Dorfkollegen übrigens auf einer Bahre über dieses unwegsame Gelände. Also bitte keine Knöchel brechen. Alle kommen heil aus dem Dschungel wieder heraus und als Belohnung für die schweisstreibende Leistung dürfen wir dann auch noch eine Delikatesse vom Grill kosten – Wespenlarven. Dank Gruppenzwang und Mutprobeneuphorie kriegen wir das auch noch hin. Wäh. Abgesehen davon werden wir jedoch kulinarisch verwöhnt. Alles was dort in den gepflegten Gärten des Dorfes wächst, wird mit uns geteilt: gekochte Auberginen, saftiger Kürbis, Tomaten, Bohnen, gebratenes Schweinefleisch mit Zwiebeln und natürlich Chilli, soviel das Herz begehrt. Alles immer lecker mit den Fingern gegessen und dazu eine grosse Portion Sticky Rice, authentisch im Bananenblatt serviert. Grandios!
Unser Gästehaus ist ein auf Stelzen stehendes Holzgebäude mit Veranda, das 8 Schlafplätze unter bunten Moskitonetzen birgt – urgemütlich!
Gut geschlafen haben wir auch, denn so wenig Zivilisation hatten wir schon lange nicht mehr um uns herum und so schlägt nach dem Abendessen und dem obligaten Beerlao eine herrliche Müdigkeit zu und haut uns in die Federn. Korrigiere; auf den Holzboden mit Stoffmatte ;).
Tag 2 ist dann Kayaktag. Den ganzen Weg zurück paddeln wir auf dem Namha River, der zurzeit beachtliche Strömung aufweist, durch Vogelgezwitscher und imposante hängende Pflanzenwelten. Das Wasser ist braun und kühl und die Sonne sorgt für mächtig Durst.
Falls irgendwer mal einen Teambildungsevent plant, das würde sich anbieten… 😉 Da geht es um Machtkämpfe, Vertrauen und Kommunikation. Bis zum Schluss sind wir dann doch ein ganz akzeptables Team – benötigen jedoch volle 5 Stunden Training :).
Zum Abschied erklärt uns Chiang dann noch, wir hätten Glück, denn gerade in dieser Zeit werde das Ende des Monsuns gefeiert und die Laoten brechen damit ihre Fastenzeit. Deshalb sei in den letzten Tagen ziemlich viel Bier und Reis-Schnaps vernichtet worden. Ach so, darum! Wir machen mit bei der laotischen Feierlaune und gehen als Krönung unserer Tour alle gemeinsam in die Dorfdisco. Das gibt es da tatsächlich :).
Im Gegensatz zu Thailand oder später auch in Kambodscha gibts in dem Lokal aber keine aufgedonnerten Girls, welche sich an die westliche Touristenschaft schmeisst und so Geld für ein kurzes Abenteuer ergattern will. Prostitution ist hier nämlich weder erlaubt noch geduldet und für Ausländer bestehen harte Strafen, wenn sie sich unverheiratet mit einer laotischen Frau einlassen. Wie die Situation in der Hauptstadt aussieht, wissen wir nicht, aber „auf dem Land“ sind wir keinen Prostituierten begegnet.
Nong Khiao, Nung Kiau, Nong Kiew oder Neon Cow
Die 228km dahin treten wir dann etwas später als üblich an. Das ist ein Fehler, denn die kurze Distanz hat es so richtig in sich. Die Landschaft um das Strässchen in den Bergen ist zwar sattgrün und attraktiv, die Strasse selbst jedoch eine Katastrophe. Keine 50 Meter kommen wir vorwärts ohne Schlagloch, Holperschotterpiste oder ausgewaschene Sandpassage. Fahrtechnisch eine herausfordernde Sache, die dann 7 Stunden unserer vollen Konzentration in Anspruch nimmt. Als es schon dunkel wird, erreichen wir hundemüde unser Ziel. Es wird hier übrigens recht früh dunkel, so gegen halb Sieben ists dann Zack – Nacht.
Das Dorf ist wieder recht beliebt bei den Backpackern und so gibts unzählige Guesthouses. Eines bietet sich uns dann mit seinem ebenen Vorplatz im dunkeln gleich an. Für 3.- dürfen wir sanitäre Anlagen und WiFi mitbenutzen. Unsere Overlander-Kollegen aus Russland, Boris und Kira, sind zufälligerweise auch hier. An der Grenze zu Laos sind wir ihnen das erste Mal begegnet, haben über den 250ccm EnduroTöff gestaunt und über ihre Reiseerlebnisse umso mehr (über ein Jahr in Indien ge-/überlebt). Von denen können wir noch was lernen! Gemeinsam mit den beiden gewieften Travellern verbringen wir einen schönen Abend.
Es hat sich gelohnt, den beschwerlichen Weg auf uns zu nehmen. Am Morgen dann enthüllt das Tageslicht die volle Schönheit der Umgebung: Die grün überwucherten Kalksteinformationen, wir kennen es von Krabi, türmen sich diesmal direkt vor uns auf und verzaubern die Landschaft in ein magisches Zusammenspiel aus Fluss, Berg und Dschungel. Mit einem krüppligen Mietvelo lässt sich Nung Kiau herrlich gut erkundschaften und wir radeln zum Barbier, einmal um das Dorf herum und schliesslich zu einer 3km entfernten Höhle. Dort empfängt uns die im nahe gelegenen Bach herumtollende Kinderschar mit wildem Geschrei. „Falang, Falang!“. Wir lassen uns von den aufgeregten Kids die Höhle, die als Kriegsversteck für die Vietcong diente, zeigen und hüpfen danach gemeinsam mit ihnen ins kühle Nass. Was für ein Gaudi!
Die Spuren der anderen Seite des Konflikts sind übrigens auch noch stark spürbar – auf einer Wanderung ist abkommen vom Pfad strengstens verboten denn es liegen noch immer Bomben der Amerikaner in der Landschaft.
Luang Prabang
Zum Glück sind dann die 300 km weiter südlich etwas besser, was die Qualität des „Highways“ anbelangt.
Die Landschaft wird immer flacher. Neben den omnipräsenten Beerlaoschildern gibts an den Strassen nun Melonenstände, an der Sonne trocknende Chillis und Bambusstreifen, sowie Reisfelder, die sich der Ernte neigen.
Das Kolonialstädtchen Luang Prabang strotzt nur so von französischem Einfluss mit seinen frisch gefüllten Baguettes, Croissants und den Gebäuden dieser Zeit (1887-1954).
Der Nachtmarkt ist ganz besonders eindrucksvoll. Wir schlendern zwischen typischen Souvenirs wie Tee oder Stick- und Webhandarbeiten, Silberschmuck und den leuchtenden Farben der Papierlaternen in der nicht enden wollenden Strasse. Das Buffet, wo man sich für 1.50 CHF einen Teller nach Herzenslust füllen kann, wird unser absoluter Futterfavorit.
Wie das so ist, kreuzen sich die Wege der Traveller an den beliebten Punkten immer wieder und so treffen wir anderntags auf Julie und Georges von unserem Dschungelcamp-Trüppchen. Ein schöner Aufsteller, nachdem ein Platten am Morgen unsere Stimmung etwas gedrückt hatte. Siehe Fotos vom fiesen Nagel!
Der Wasserfall etwas südlich der Stadt wird wild angepriesen und darum von uns zum Nachtquartier erkoren. Wir haben entdeckt, das solche Touristenparkplätze nach Torschluss zur Attraktion oft ganz ruhig, verlassen und gut für uns eingerichtet sind. Ausserdem werden im Restaurant den letzten Kunden die Schüsseln extra gefüllt, damit die Resten auch schön wegkommen. Ein weiterer Vorteil ist natürlich auch, das kurz vor Schluss nicht mehr ganz so viele fotogeile Hütchenchinesen vor Ort sind :).
Genug der Städte
Auf den Strassen Richtung Süden wird es wieder heisser. Der Wasserkonsum steigt und mit ihm die Stimmung.
Unterwegs lassen wir kurz vor Vientiane noch den Schaden der Schlaglöcher an RoKis Stossdämpfer beheben, eine Gummibuchse hat „ausgedämpft“. Der Inhaber der Offroad-Garage (ja, auch das gibt es hier) will für die Reparatur nicht mal was. Sehr erfreulich :).
Danach rollen wir entspannt gemeinsam mit knatterndem Einachserverkehr, unzähligen Schulkindern auf ihren Velos und mächtigen Wasserbüffeln entlang des Mekong.
Die Reisernte beschäftigt derzeit die laotischen Bauern und wir sehen ständig die kegelförmigen Bambushütchen auf den Feldern lugen. Alles hilft mit beim ernten, trocknen und dreschen – ein wunderschönes Bild.
Beim täglichen suchen des Schlafplatzes sind wir meist schnell erfolgreich und bei der Erkundigung ob das so okay ist, lachen die Laoten uns zu, nicken und sind nach einem kurzen neugierigen Blick ins Auto dann auch wieder verschwunden. Allgemein sind uns die Leute hier sympathisch, eine verschmitzte Coolness steht in den herzförmigen Gesichtern und nur ganz selten will mal jemand mit einem kleinen Trick den ein oder anderen Franken mehr mit seinem Geschäft ergaunern. Mittlerweile sind wir aber auch ganz schön auf Zack und schwer an der Nase herumzuführen. Schliesslich haben uns die letzten 6 Monate auch was gelehrt. Ein anderes Beispiel, in dem wir schon ganz tolle Erfolge vorweisen können, ist das „shower in public“ 😉 in Parks, hinter Tankstellen, neben Klostern und anderen möglichen und unmöglichen Orten sind wir Meister der verhüllten Körperhygiene geworden und verstehen es nun geschickt, den schmalen Grat zwischen Anstand und Sauberkeit zu gehen. Mit ein bisschen Training konnten wir den Dusch-Wasserverbrauch so auf 1.5l Wasser p.P. Inkl. Haarwäsche senken. Nur falls euch das interessieren sollte ;).
Was das Essen betrifft, lohnt es sich bei den Preisen hier kaum, die eigenen Pfannen schmutzig zu machen. Die Laoten kochen vorzüglich, freuen sich wenn wir auf ihren Plastikstühlen Platz nehmen und mit etwas Kreativität vermitteln wir ihnen, dass die am Nebentisch servierte Nudelsuppe oder die in der Küche stehenden Eier uns glücklich machen würden. Als ganz praktisches Hilfsmittel erweist sich auch das Zeigewörterbuch (danke, Freunde!), welches übrigens immer viel Gelächter grosses Interesse bei dem Locals auslöst.
4000 Islands
Die letzten Tage in Laos gönnen wir uns wieder etwas Inselleben und verschiffen RoKi auf eine der, eben 4000, Inseln: Don Kong. Eine amüsante Überfahrt, die ca. 5min. dauert auf einem zusammengeflickten Kahn, der aussieht wie etwas zwischen Hausboot, Fischkutter und Rosthaufen. Die 3 Stutz sind das Schauspiel sowie den Adrenalinkick – ob wir wirklich nicht untergehen- wert ;).
Dort angekommen gibts eine weitere herausfordernde Strasse aber sonst, neben ein paar Wasserbüffeln und abermals fröhlichen Winkkindern, nichts zu entdecken. Weiter gehts ohne RoKi auf die kleineren Nachbarinseln Don Det und Don Kon, wo wir mit dem Mietvelo über Sandpisten und kriminelle Holzbrüggli holpern, viele bekannte Reisefreunde wieder sehen und bei einem Bier unsere Geschichten austauschen. Mit Blick auf den Mekong und bei einem wunderbaren Sonnenuntergang. So lässt es sich leben.
Eine lustige Tatsache übrigens, was die Franzosen hier damals zur Kolonialzeit angestellt haben… Eine Eisenbahnbrücke verbindet die beiden kleinen Inseln, was doch erstaunt, wo man sie in weniger als einer Stunde umrunden kann. Wieso wird dann an der Südspitze klar: Dort haben sie früher die Schiffe vom Wasser auf die Schienen verlegt und so den Handelsweg bis nach China gesichert, ohne die Wasserfälle links und rechts der Inseln überwinden zu müssen. Clever! Ansonsten erinnert nichts mehr an die Kolonialzeit dort, ausser vielleicht, dass viel Weissbrot gegessen wird und das übrig gebliebene Bahntrasse.
Die Inseln sind grün bewachsen mit lehmigem Strand, die braune Brühe des mächtigen Mekong reizt zwar auf den ersten Blick nicht sehr für ein Bad. Trotzdem kühlen wir uns gerne ab und geniessen ein paar Tage in der Hängematte zum Abschluss im fantastisch schönen Laos. Das gibts hier schon ab 5 CHF – ein Bungalow mit Bad, Terrasse und Hängematte.
Fazit
Laos können wir also als durchwegs positiv verbuchen. Wir sind froh, dem südostasiatischen Raum durch unsere anfängliche Abkürzung direkt von Indien nach Malaysia mehr Zeit eingeräumt zu haben. Ansonsten hätten wir dieses bodenständige, zufriedene und unkomplizierte Volk nicht kennengelernt.
Und hätten – oh Schande – nie Wespenlarven probiert ;).
Im nächsten Bericht erzählen wir euch dann was über das Nachbarland – Kambodscha,
wo RoKi seinen Rundumservice kriegt und wir der Korruption auf die Spur kommen.
Dass es bei euch Zuhause nun langsam kälter wird, kommt uns schräg vor…
Wir beneiden euch fast ein bisschen um die schweissfreien Tage, denn so einen hatten wir seit langem nicht mehr ;).
Vorallem aber geniessen wir es nach wie vor, unterwegs zu sein, euch von abenteuerlichen Erlebnissen berichten zu können und dass ihr uns dabei virtuell so treu begleitet.
Das macht uns in den Heimwehmomenten viel Freude.
Von weiter Ferne (9562km Luftlinie) und mit den allerbesten Grüssen
J&A